Im Fluß der Bilder.

Wolfgang Heger über die Malerei von Kathrin Ruhlig
Die Figuren in der Malerei von Kathrin Ruhlig scheinen in ihrer Bildwelt nachgerade zu verschwimmen, sie scheinen eingesponnen, fast verborgen und zugleich beinahe wie in Netzen gefangen zu sein. Es tauchen Botschaften und Appelle auf, Strukturen, die unser Leben umgeben, die das Spektrum der unterschiedlichsten Beziehungsebenen bezeichnen, die Menschen zu anderen Menschen oder zur Dingwelt einnehmen. Zahllose Informationen sind es, die sich überlagern, die sich ergänzen oder auch aufheben können. Eine tropische Überfülle zeigen diese Arbeiten mit ihren überbordenden Mustern, die pure Dekoration, Schmuck, oder auch Bekleidung sein können. Die menschliche Figur, die sich diesem Dschungel ausgeliefert sieht, die sich geradezu in diesen Struktur-Wucherungen aufzulösen scheint, erstarrt in Posen. Die schicken Frauenbilder Ruhligs wirken deshalb selbst objekthaft, scheinen gerade eben von den Plakatwänden herabgestiegen zu sein und sie wirken wie herausgerissen aus der Zeit. Die Frauen sind eingesponnen in ihre Umgebung und ihre Kleidung, doch nicht nur die äußere Hülle ist ein Produkt, denn selbst ihre Posen erweisen sich als Inszenierung. Sie scheinen in ihren Körperhaltungen den gängigen Hochglanzmagazinen entsprungen. Sie sind ohne Vorgeschichte oder Biografie, denn nichts lässt sich aus diesen Bildern über ihre Protagonisten herauslesen, sie sind lediglich Bezugspunkte zu den stofflichen Strukturen, mit denen sie Ruhlig einfängt oder einkleidet und sie wirken ebenso stilisiert wie die Verweise auf Gestalten und Bildinhalte der Kunstgeschichte. Das Davor und Danach der Zeit, wird bei Kathrin Ruhlig ersetzt durch ein Zugleich auf der Leinwand, durch Vor- und Nachbilder, die plötzlich aufglimmen, sich im Auge der Betrachter festsetzen und behaupten, während manche der starken optischen Ausgangsreize wieder verschwinden. Die Figur treibt - gefangen wie die Dingwelt selbst - im Fluss der Bilder. Rätsel-Bilder und Bilder-Rätsel. Die Körperhüllen, Kleider-Stoffe etc. sind dem Körper nur etwas näher, sind hautnah, sitzen unmittelbarer auf der Haut als die scheinbar weit von uns entfernten Werbebotschaften, die dafür aber optisch und akustisch - "wie schnelle Schüsse" - aggressiv ins Gehirn und ins Bewusstsein dringen. Plötzlich stellt sich die Frage: ist das nicht ein Motiv von Gauguin? Was haben Gauguins Gemälde mit dieser Bildwelt gemein?